Heute ist "der längste Tag". Also entweder mind. 8 Stunden nicht ganz einfacher Weg auf dem Kamm. Oder der easy-peasy-Alm-Weg auf der italienischen Seite, dafür mind. 9 Stunden (und die Höhenmeter sind diesselben!)
Ich hatte mich ja für den letzteren entschieden, Ru. wählt auch diesen. Ra. nimmt den Kammweg. Es ist alles kein Problem, denn es sind überall Leute unterwegs, falls was wäre.
Blauer Himmel, die Sonne scheint, mal wieder. Gemeinsam steigen wir (es ist 6:50!!) auf einer alten Kriegsstraße hoch zum Tilliacher-Joch (2094m), genau auf der Grenze, wo sich unsere Wege zunächst trennen. Den Almweg haben sie wohl vergessen auszuschildern, ist ja auch in Italien, von wegen "Friedensweg", und so schlagen wir erstmal den falschen Weg ein und müssen dann, als wir es bemerken, quer über die Almwiesen hinab zu einem breiten, bequemen Almweg steigen.
Ein Schild: "Strada delle Malghe". Es ist wunderschön in der Morgenfrische. Es ist auch wunderbar, auf einem bequemen Weg einfach so dahinzuschreiten. Wir treffen auch Murmeltiere am Wegesrand, gar nicht scheu. Wir haben die ganze Zeit das Panorama der Dolomiten vor Augen und laufen den Höhenweg über die Almen entlang (diesmal tatsächlich ein Höhenweg ohne große Steigungen ... Wege über grüne Almen ergeben eine ganz besondere Weite, eine Dimension ... ich denke mir, ich guck jetzt mal NICHT auf die Uhr, von wegen, wie gut wir in der Zeit sind (weil die Strecke doch so lang ist).
Wir passieren mehrere Almen (Malga Campobon, Malga Cecido, Malga Manzon, Malga Chiastelin) .... manchmal sausen Fahrradfahrer an uns vorbei, in der Ferne erkennen wir Leute, die uns folgen. Aber es ist eher ruhig. In der Ferne gen Osten sehen wir einen Sattel und ich denke: "ah, da müssen wir wohl hinüber", und das sieht ziemlich weit aus, aber es ist mir völlig egal. Ich sage nur, "alles mental".
Wir gelangen dann zur Malga Antola (1872m), schon im Walde; wir hatten von Wandersfrau Gabriele gehört, dass man dort einkehren und sogar übernachten kann! Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir unser Tour sicherlich modifiziert. Wir bestellen eine italienische Jause mit Proschiutto, Salame e Formaggio e un Aranciata, und das ist alles ganz köstlich. Danach un caffé. Erster Blick auf die Uhr: Es ist 13:00 und wir sind 5 Stunden gelaufen. Wir freuen uns, weil wir um eine halbe Stunde schneller sind als der Rother Wanderführer.
Allora, wir machen uns wieder auf den Weg, erstmal über einen Waldweg, vorbei der Esel-Farm Malga Chivion, durch liebliche Wiesen und Wald-Pfade. Ru. meint, das sei ja wohl wie die Kulisse für einen Heimatfilm, sowas von idyllisch! Rechts von uns erhebt sich die imposante Wand des Monte Peralba. Und jetzt geht es endlich bergauf, Richtung Passo Dell`Oregone (Hochalp-Joch, 2280m). Irgendwann werden Wald und Bäume weniger, und die Wiesen sind voller Blumen. Ich beschließe einen neuen Trick: ich mache beim Bergauf-gehen keine Pausen mehr, ich steige einfach stur bergan, wie eine Lokomotive. Am besten schaue ich auch nur auf den Pfad vor mir und nicht voraus in die Höhe, damit ich nicht sehe, welcher Aufstieg noch vor mir liegt. Auch so voll mental.
Es wird noch ein recht langes steiles Stück. Die Baumgrenze liegt hinter uns. Wir werden von zwei österreichischen Radlern überholt, die ihre Räder hinaufTRAGEN (weil, zum fahren ist es ja viel zu schmal und zugewachsen).
Irgendwann gelangen wir auf den Passe Dell'Oregone, umringt von Geröll, kargem Gras und Schneeresten. Wir haben es geschafft. Jetzt nur noch hinab zum Hochweißensteinhaus (1867m).
Diese Etappe war bisher die längste Wanderung, die ich je unternommen habe. Also, im Leben. Ich bin ziemlich stolz, dass wir etwas schneller sind, als im Rother Wanderführer angegeben (insgesamt ca. 9h 20 min, inkl. mind. 1 Stunde Pause!!). Und ich bin überrascht, dass ich natürlich erschöpft bin, aber nicht mehr, als bisher bei deutlich kürzeren Wanderungen.
Ich nenne diese Etappe, also die STRADA DELLE MALGHE, von nun an die "Königinnen-Etappe". Sie war ein ganz besonderes Erlebnis.
Auf der Hütte treffen wir die dritte Allein-Wanderin, die es mir vergönnt ist (ich kanns nicht anders sagen) auf diesem Höhenweg kennenzulernen. Maria, aus Oberösterreich, die den Vogel abschießt, da sie mit Ende 50 Wege geht, vor denen mir grausen würde. Ra. ist auch schon da, und ich bin erleichtert. Alles ist gutgegangen.
Am Abend checken wir mit zwei Mitwanderern sogar noch unsere Rückfahr-Gelegenheit aus. Fein!
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