Kunst. Ohne Geld? Hm.

Unlängst waren wir bei so einer Veranstaltung, Teil einer Reihe mit dem Thema "Frauen und Kunst". Da gab`s ein Podiums-Gespräch mit zwei Künstlerinnen. Und gegen Ende stellte jemand aus dem Publikum die These zur Diskussion, dass "Kunst-Szenen" um so spannender würden, je weniger Geld ( in Form von Förderungen etc.) im Spiel sei. So nach dem Motto: "Prekäre Lebensumstände befeuern die Kreativität".

Und dann merkte eine der Künstlerinnen auf dem Podium an, ja, da hätte ja zum Beispiel jemand eruiert, aus welchen europäischen Ländern im Augenblick die interessantesten Filme kämen. Und das sei nämlich Griechenland.

Und dann dachte ich mir: "Sieh an. Vielleicht ist die Austeritätspolitik der EU doch nicht so übel. Immerhin führt die zu mehr Kreativität. Und der Wolfgang Schäuble, das ist im Grunde ein großer Freund der Künste und der Kultur. Ist doch bekannt, dass Menschen faul und dumm sind: sobald sie genügend Geld zur Verfügung haben, machen sie nix mehr. Bzw. nur noch angepassten Mainstream. Total logisch. das ist Fakt!"

Daher bin ich jetzt dafür, dass jegliche Honorierung von künstlerischen und kulturellen Tätigkeiten ab sofort einzustellen ist! Dann klappt`s auch wieder mit der Kreativität! Not macht bekanntlich erfinderisch! Und Geld hat bekanntlich dämonische Kräfte, und korrumpiert Menschen sofort!


***

… Ach, ja. Ich weiß. Sarkasmus ist auf Dauer auch nicht zielführend. Obwohl ich sehr dafür bin. Für Sarkasmus. Wofür ich nicht so bin, ist Zynismus. Und für sehr zynisch halte ich es durchaus, ein Land wie Griechenland, welches durch völlig idiotische Sparmaßnahmen ins ökonomische Elend gestürzt wurde, als Beispiel zu nehmen für eine positive Befeuerung kulturellen Schaffens. Das ist nämlich einfach neo-liberaler Bullshit. Oder einfach eine ganz bürgerlich-romantizistische Vorstellung von "Kunst".
Das ist auch völlig unlogisch. Wenn ich die ganze Zeit mit meiner prekären Situation beschäftigt bin, bleibt mir nur noch sehr wenig Muße, um mich mit künstlerischen Dingen zu beschäftigen. Weil ich dann nämlich nur noch Dinge tue, gerade dann, die sich verkaufen lassen, die marktkonform sind. Weil: ich brauche ja Geld. Für so läppische Dinge wie Miete. Strom. Heizung. Lebensmittel. Sie wissen schon. Grundbedürfnisse halt. Vielleicht mache ich dann auch noch ein wenig "Kunst". Aus Verzweiflung. Um mit der Prekarität fertig zu werden.

Aber das ist natürlich eine moralische Kategorie. Die kann *man vernachlässigen, wenn es um "spannende Kunstszenen" geht.

Nur: was wollen wir denn eigentlich. So im Leben. Wollen wir "spannende Kunstszenen"? Oder wollen wir "ein gutes Leben für alle"? Ein Leben ohne existenzielle Nöte? Müsste ich wählen, dann würde ich "DAS GUTE LEBEN FÜR ALLE" wählen. Da sind die "spannenden Kunstszenen" dann eh mit drin.

Die Annahme, dass ein Verzicht auf Geld/Honorierung ein Weg sei, sich aus dem System der Verwertung zu entziehen, diese Annahme halte ich für, gelinde gesagt, naiv. Denn dieser Weg stellt erst mal gar nichts in Frage. Sondern unterstützt das System. Das Wort heißt "Selbstausbeutung". Da lacht der Neo-Liberalismus. Und bedankt sich.

Stattdessen möchte ich mal über "Geld" nachdenken. Und was das eigentlich sein kann, jenseits von "Gier", von "Verwertungs-Logik", von "Wert an sich", von "Dämonie". Kann "Geld" nicht auch etwas anderes sein? Im Grunde ist es ja erstmal ein nützliches Tauschmittel. Was wir daraus machen, und wie wir es bewerten, ist eine andere Frage. "Geld" kann Energie sein. "Geld" kann Grundsicherheit bereitstellen. Dann muss ich nicht mehr darüber nachdenken, ob ich meine Miete noch zahlen kann. Dann kann ich mich ein bisschen entspannen.

Ja, und wo lande ich dann wieder? Beim BEDINGUNGSLOSEN GRUNDEINKOMMEN FÜR ALLE. Genug Geld. Ein "genug" muss sein. Zuviel davon ist auch nichts, klar. Aber zuwenig schon mal gar nicht.

[ Und: ich HASSE den Begriff "spannend". Sagt`s doch einfach: "das find ich total super." ]

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