KREATIV IM SCHRANK 2012



Mitte 2009 war es, da fand sich bei der Recherche nach Kulturförderung und Stipendien für Künstlerinnen und Künstler etwas Kurioses im Internet: Ein Stipendium in einem Schrank. In einem Atelier in Offenbach/Main (dieser kleinen Schwester Frankfurts mit dem spröden Flair). Zwei Wochen konnte man da in einem Möbelstück verbringen, so eine Art Artist-In-Residence. Und einen Katalog sollte es auch dazu geben, wenn auch nur mit zwei Seiten und als PDF. Drucken hätte man die Publikation dann auch lassen können, auf eigene Kosten, versteht sich.

Der Künstler Jos Diegel hat das Stipendium dann erhalten, ein nett anzuschauender, junger Mann aus dem Umfeld der Jury, der bis dato schon einige Auszeichnungen erhalten hatte.


Oktober 2009: der Offenbacher Oberbürgermeister und Kulturdezernent
Horst Schneider überreicht das Stipendium an den Künstler Jos Diegel.
Im Hintergrund: Eva Moll und Verena Lettmayer von der Jury.


Der Künstler an sich ist bekanntlich bescheiden. Wir wollen ja nicht reich werden damit. Und es ist ja auch schön, sich mal so richtig austoben zu können, mit den eigenen Ideen. Geld ist da nun mal nicht so wichtig. Wenn's das wäre, hätte man halt keine Künstler*innen werden sollen. Das ist nicht immer einfach, doch so ist es nunmal.

Übrigens: Eine wunderbare Sache, dass Künstler*innen (in der Tat handelt es sich um Künstlerinnen, nämlich Verena Lettmayer, Ruth Luxenhofer, Charlotte Malcolm-Smith und Eva Moll), endlich mal Eigeninitiative ergreifen, und sich gegenseitig helfen. Und sich nicht immer nur beklagen und Geld vom Staat wollen, oder sogar Honorare aus der Privatwirtschaft.

Belohnt wurde das Engagement im Sommer 2010 denn auch mit einer Förderung der Frankfurter Stiftung MAECENIA mit einem ansehnlichen Geldbetrag von 1.000 Euro.


Die Jury: Verena Lettmayer, Eva Moll, Charlotte Malcolm-Smith
und Ruth Luxenhofer.



Kreativität ist angesagt. Ein Schrank als Stipendiums-Ort, das ist doch wirklich witzig. Und spannend. Was da so alles passieren kann in diesem ungewöhnlichen Kontext. Flexibilität ist ebenso angesagt. Vor allem für die Stipendiat*innen. Denn so ein Schrank, also, groß ist er nicht!

Aber jeder weiß, dass Beschränkung die Kreativität fördert. Das ist so. "Not macht erfinderisch", meint der Volksmund, und das zurecht. Nicht umsonst funktioniert in vielen Künstler-Ateliers die Heizung nicht richtig. Das gibt dem ganzen im übrigen auch so einen rauhen Charme ... Da kann man schon ins Träumen geraten, und wünscht sich, auch zu den Glücklichen zu gehören, die ihren künstlerischen Neigungen nachgehen dürfen.


Kurz und Gut: 2011 wurde das "Schrank-Stipendium" ein zweites Mal ausgeschrieben. Diesmal gab es gleich sechs Preisträger*innen, plus einen Sonderpreis. Der Jury war diesmal eine gewisse Diversität wohl auch sehr wichtig, so gendermäßig, mit Migrationshintergrund, und solche Sachen. Die Liste der Stipendiat*innen liest sich denn auch unheimlich vielfältig und spannend:



Im Uhrzeigersinn: Katja Kullmann, Stefan Stichler,
Ulrike Knobloch, Vládmir Combre de Sena, Barbara Greul-Aschanta,
Torstn Kauke ("SUPERSTOLK"), Bernd Thiele,
Jörg Ritter ("SUPERSTOLK").


Barbara Greul-Aschanta plant eine Installation über einen Tag mit JFK und dessen Lieblingsdichter Alan Seeger. – Der Filmemacher Bernd Thiele hat ein ganzes Programm an Aktivitäten vorbereitet, von denen einige auch als Interaktion mit dem Publikum gedacht sind. – Stefan Stichler wird über die Hängesituation und den Faltenwurf im Schrank reflektieren. – Die Autorin Katja Kullmann, die bereits vor 10 Jahren mit "Generation Ally", und nun wieder mit ihrem aktuellen Buch "Echleben" einen Bestseller gelandet hat, tritt, parallel zur Buchmesse im Herbst, in Offenbach ihr erstes Stipendium überhaupt an. – Ulrike Knobloch tritt mit dem Schrank in den öffentlichen Raum, und möchte einen Dialog mit Passant*innen initiieren – Vládmir Combre de Sena, Mitbetreiber des Frankfurter Kultur-Vereins "eulengasse", baut den Schrank en miniature nach, und wird das Original verbrennen. Eine provozierende Aktion zum Schluss!


Der Sonderpreis ging an die Band SUPERSTOLK (aka Torstn Kauke & Jörg Ritter), die mit ihrem vorausschauenden Hit "Ansonsten Schrank" bereits in den 90er Jahren Triumphe feierte.

... Bei so viel kreativer Vielfalt sind wir schon sehr gespannt, was uns 2012 an neuen schöpferischen Ideen und Positionen erwartet. Die Stipendiat*innen werden ihren Aufenthalt im Schrank nacheinander, über das ganze Jahr verteilt, antreten. Das erste Highlight des neuen Jahres wird das Projekt von Bernd Thiele sein, der sein Stipendium ab dem 3. Februar absolviert. Die Details werden nach unseren Informationen rechtzeitig bekanntgegeben.


Katja Kullmann, Stefan Stichler, Ulrike Knobloch, Barbara Greul-Aschanta,
Torstn Kauke ("SUPERSTOLK"), Jörg Ritter ("SUPERSTOLK"), Bernd Thiele.



... Also werden wir am Ball bleiben, und dieses spannende Projekt weiterhin verfolgen. Denn das hat Potential, und könnte die Kunstwelt revolutionieren. Eine neue Autonomie der Kunst könnte sich hier entwickeln, unabhängig von ökonomischen Zwängen (Denn das ist es ja, was Geld letztlich bedeutet!).

Mit Eigeninitiative, Fleiß und Kreativität geht es voran!


In diesem Sinne, beste Grüße, Ihre Boutique Vreni!

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